MSC-Siegel
26. April 2018
Stark reduzierte Fischbestände, zerstörte Meeresböden und Delfine in den Netzen – die industrielle Fischerei hat massive Auswirkungen auf die Ökosysteme der Weltmeere. Um dem entgegenzuwirken, wurde 1997 von dem Konzern Unilever und dem World Wide Fund For Nature (WWF) eine gemeinnützige Organisation gegründet, die das blaue Marine Stewardship Council (MSC) Siegel für nachhaltige Fischerei vergibt. Doch was dem Verbraucher ursprünglich als Orientierung dienen sollte, steht nun stark in der Kritik.
Auch umstrittene Fangmethoden werden zertifiziert
Eine Dokumentation der ARD greift die Kritik von Umweltschützern, Wissenschaftlern und Greeenpeace Österreich am MSC-Siegel auf. Die Recherche dafür führte rund um die Welt und zeigte zu schwache Vorgaben für eine Zertifizierung, die Auszeichnung von Fischereien mit nicht nachhaltigen Fangmethoden und bestechliche Prüfer.
Schwächen in der Vergabe des Siegels offenbaren sich zum Beispiel bei der Thunfisch-Fischerei in Mexiko, die jahrelang stark in der öffentlichen Kritik stand, weil nicht nur Thunfische, sondern auch Delfine in den Netzen der Fischer landeten. Nach einer Zusicherung der Industrie, die Delfine aus den Netzen zu befreien, trägt nun auch diese Fangmethode ein MSC-Siegel. Im Dokumentarfilm sprechen Insider allerdings von einer hohen Dunkelziffer toter Delfine.
Problematisch ist auch die Vergabe des Siegels durch unabhängige Prüfer: Laut dem MSC-Mitbegründer Daniel Pauly, heute selbst scharfer Kritiker des Labels, werden die Prüfer von den Fischereien bezahlt und nicht vom MSC selbst. Wer also keine Zertifizierung vergibt, darf keine weiteren Aufträge erwarten. Auch Greenpeace Österreich schließt sich der Kritik des Labels an. Im aktuellen Gütezeichen-Guide wird das MSC-Siegel als „absolut nicht vertrauenswürdig“ eingestuft. Statt tatsächlich Anreize gegen Überfischung und ökologisch schädliche Fangmethoden zu setzen, diene das Gütezeichen vielmehr als Verkaufsförderer der Industrie.
Quelle: www.spiegel.de