Irreführende Werbung auf Lebensmitteln
15. Februar 2016
Dass die Abbildungen auf Lebensmittelverpackungen weit von der Realität abweichen können, ist vielen Menschen bewusst. Zumindest den Begriff „frisch“ halten jedoch die meisten Verbraucher wohl für ziemlich eindeutig. Die Hersteller haben hier allerdings stark abweichende Vorstellungen.
Verbraucher wollen frische Lebensmittel
Wer durch den Supermarkt läuft, kann schonmal den Eindruck bekommen, dass sämtliche Lebensmittel direkt aus der Region kommen. Schließlich würden sich „frische“ Produkte doch gar nicht so lange halten, wenn sie es nicht täten. Oder etwa doch? Mit dem Begriff „frisch“ verbinden die meisten Verbraucher zumindest Lebensmittel, die nicht durch spezielle Verfahren haltbar gemacht wurden. Eine auf verbraucher.de durchgeführte, nicht repräsentative, Umfrage, bestätigt dies: 68 Prozent der Teilnehmer erwarten keinerlei Haltbarkeitsverlängerung bei frischen Lebensmitteln. Lediglich 26 Prozent akzeptieren bestimmte Verfahren, wie die Lagerung in einer Schutzatmosphäre. Konservierungsstoffe schlossen diese Verbraucher jedoch auch aus. Eigentlich ein eindeutiges Ergebnis und eine mehrheitlich eindeutige Definition des Begriffs „frisch“. Die Hersteller der Lebensmittel sehen dies allerdings anders.
„Frisch“: Konserviert, wärmebehandelt und lange haltbar
Wer tatsächlich glaubt, dass er beim Kauf von frischen Lebensmitteln das bekommt, was er unter „frisch“ versteht, wird nun leider enttäuscht. Ob „frisch gebackene“ Brötchen oder „kühlfrischer“ Orangensaft – die meisten derart beworbenen Nahrungsmittel sind vorgefertigt, hitzebehandelt oder konservierend verpackt. Dies fand die Verbraucherzentrale Hessen heraus, als sie 19 vermeintlich „frische“ Lebensmittel auf ihre Verpackungsangaben zur Herstellung, Haltbarkeit und auf Erläuterungen ihrer Frische-Werbung hin überprüften. Zur Not wurde bei den Herstellern direkt nachgefragt. Das Ergebnis ist wahrlich ernüchternd: sieben Produkte waren wärmebehandelt, fünf konservierend verpackt und zwölf wiesen keinerlei Unterschied in Herstellung und Haltbarkeit gegenüber vergleichbaren Lebensmitteln ohne Frische-Werbung auf. „Dieses Ergebnis entspricht nicht der gängigen Definition von „frisch“ und damit nicht den Erwartungen der Verbraucher“, erklärt Wiebke Franz, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale.
„Frisch“ ist nicht genau definiert
Doch wie kann es sein, dass der „frisch geschnittene“ Schnittkäse in einer Fertigpackung anstatt an der Käsetheke zu finden ist und der „kühlfrische“ Orangensaft tiefgekühlt gelagert und pasteurisiert wurde? Grundsätzlich gibt es keine übergreifende rechtliche Definition von „frisch“. Nur bei einigen Lebensmitteln wie etwa Fleisch ist der Begriff geschützt, und auch hier lässt sich die Definition sehr weit dehnen. So darf „Frischfleich“ etwa in kontrollierter Atmosphäre eingefroren und verpackt werden. Auch ob das Fleisch einmal aufgetaut wurde, muss nicht deklariert werden, sofern es im Anschluss weiterverarbeitet wurde. Die Verbraucherzentrale Hessen hat ob dieser für die Verbraucher verwirrenden Kennzeichnungen nun gefordert, dass der Gesetzgeber den Begriff „frisch“ rechtlich definiert. Bis dahin wird von den Herstellern verlangt, ihre irreführende Werbung einzustellen. Da allerdings wohl nur die Wenigsten diesem Aufruf folgen dürften, sind vor allem die Verbraucher gefragt, genau auf die Herstellungs- und Haltbarkeitsverfahren ihrer Lebensmittel zu achten, wenn sie wirklich etwas „Frisches“ erwerben wollen.
Quelle: Verbraucherzentrale Hessen