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Darf der Austausch eines fest verbauten Akkus Einfluss auf die Garantie nehmen?

22. April 2013

Für Käufer ist es jedes Mal aufs Neue ärgerlich, wenn ein Gerät eigentlich noch einwandfrei funktioniert, aber der Akku streikt. Ist der Akku des Gerätes fest eingebaut, so muss es eingeschickt werden, was hohe Wechselkosten zur Folge haben kann. Einige Nutzer kaufen sich dann lieber gleich ein neues Gerät.

Entschließt sich der Käufer den Akku selbst auszutauschen, so muss er davon ausgehen, dass die Garantie verfällt. Nach dem § 4 ElektroG dürfen Akkus theoretisch aber gar nicht fest verbaut werden (dieser Thematik hat sich Rechtsanwalt Nicolai Amereller der it-recht-kanzlei in seinem Text „Die Produktkonzeption nach § 4 Satz 2 ElektroG – Ein zahnloser Tiger?“ gewidmet). Nun kam in der ETM TESTMAGAZIN-Redaktion die Frage auf, ob Hersteller überhaupt festlegen dürfen, dass die Garantie verfällt, wenn der Käufer einen fest verbauten Akku selbst austauscht. Rechtsanwalt Nicolai Amereller hat diese Frage ausführlich beantwortet.

Keine Garantie mehr?

Welche Problematik sich sofort herausstellte, war, dass der Begriff „Garantie“ im Alltag viel zu weitläufig genutzt wird und unterschieden werden muss.

ETM TESTMAGAZIN: Darf das Bestehen einer „Garantie“ für ein Elektrogerät, welches mit einem fest verbauten Akku versehen ist, davon abhängig gemacht werden, dass der Käufer den Akku nicht selbst wechselt?

RA Nicolai Amereller: 1.) Zunächst einmal muss danach differenziert werden, auf welche Rechte sich der Käufer berufen will. Hier ist zwischen den gesetzlichen Mängelrechten des Käufers aus dem geschlossenen Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer nach den §§ 437 ff. BGB (im Folgenden: Gewährleistungsrechte) und einer freiwilligen, entweder vom Verkäufer oder vom Hersteller eingeräumten Garantie (in der Regel in der Form einer Haltbarkeitsgarantie für einen bestimmten Zeitraum) zu unterscheiden.

Während die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers beim Kauf von einem Unternehmer weitgehend zwingendes Recht darstellen, der Verkäufer die Rechte des Verbrauchers also nur sehr eingeschränkt zu dessen Nachteil abbedingen kann, kann der Verkäufer oder Hersteller im Rahmen der freiwilligen Einräumung einer Garantie deren Bedingungen weitgehend selbst festlegen.

2.) Sofern ein Verkäufer das Bestehen von Gewährleistungsrechten davon abhängig machen will, dass der Käufer das Gerät nicht geöffnet hat oder gar versucht hat, den fest verbauten Akku selbst zu wechseln, hat er damit schlechte Karten. Einen solchen Ausschlussgrund kennt das Gesetz nicht; der Verkäufer kann die weitgehend zwingenden gesetzlichen Regelungen nach den §§ 437 ff. BGB auch nicht entsprechend modifizieren.

Vielmehr regelt sich diese Problemstellung schon durch die gesetzlichen Vorschriften selbst: So muss für das Bestehen von Gewährleistungsrechten ein sog. Sachmangel an der Kaufsache vorliegen. Weiterhin muss ein solcher Mangel auch bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestanden haben bzw. zumindest zu diesem Zeitpunkt schon angelegt gewesen sein. Für den Nachweis dieses Umstands ist grundsätzlich der Käufer darlegungs- und beweisbelastet. Der relevante Zeitpunkt für das Vorliegen des Mangels ist dabei regelmäßig der Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache an den Käufer.

Funktioniert das Elektrogerät also nach Übergabe zunächst einwandfrei, und entsteht ein Mangel (z.B. Fehlfunktion) erst nachdem der Käufer dessen Gehäuse geöffnet hat bzw. den Akku wechseln wollte, bestehen regelmäßig schon deswegen keine Gewährleistungsrechte, weil dieser Mangel im relevanten Zeitpunkt der Übergabe an den Käufer weder vorhanden noch angelegt gewesen ist.

Kauft ein Verbraucher ein Elektrogerät von einem Unternehmer, kommt dem Käufer jedoch eine gesetzliche Beweiserleichterung zugute, wenn sich binnen sechs Monaten seit Übergabe der Kaufsache ein Mangel zeigt. Dann wird kraft Gesetzes in aller Regel vermutet, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe an den Käufer vorgelegen hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese gesetzliche Vermutung erschüttert ist. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn der Käufer fünf Monate nach Übergabe das Gerätegehäuse öffnet, um an den Akku zu gelangen, und dabei versehentlich mit dem Schraubenzieher ein Kabel im Inneren beschädigt. Dann wäre die gesetzliche Vermutung widerlegt, so dass wiederum der Käufer nachweisen müsste, dass das Kabel bereits bei Übergabe beschädigt war (was ihm in dieser Konstellation natürlich nicht gelingen wird).

Zusammenfassend lässt sich im Rahmen der Gewährleistungsrechte festhalten, dass das Öffnen des Gehäuses bzw. das Wechseln des Akkus grundsätzlich keinen Einfluss auf deren Bestand hat, selbst wenn der Verkäufer das gegenüber dem Käufer so regeln will. Gewährleistungsrechte lösen ohnehin nur solche Mängel aus, die bereits bei Übergabe vorhanden bzw. zumindest schon angelegt waren. Läuft also beim Öffnen des Gehäuses oder Tausch des Akkus etwas schief, begründet dies grundsätzlich keinen Anspruch im Rahmen der Gewährleistung. 

Andererseits schadet das Öffnen des Gehäuses bzw. der Tausch des Akkus auch nicht, sofern der Mangel, der im Rahmen der Gewährleistung geltend gemacht werden soll, dadurch nicht verursacht wurde. Jedoch hat der Käufer im Rahmen seiner Gewährleistungsrechte (zumindest nach Ablauf von sechs Monaten seit Übergabe) ohnehin ein grundsätzliches Problem: Er muss nachweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorgelegen hat bzw. zumindest schon angelegt war. Das wird ihm regelmäßig nur bei bekannten Serienfehlern gelingen. Diesen Nachweis wird sich ein Käufer dann in aller Regel zusätzlich erschweren, wenn für den Verkäufer nachvollziehbar ist, dass das Gehäuse geöffnet bzw. der Akku getauscht wurde. Auch kann dieser Eingriff in das Gerät die Privilegierung des Verbrauchers in den ersten sechs Monaten nach Übergabe der Kaufsache hinsichtlich der Beweislast des Zeitpunkts des Vorliegens eines Mangels gefährden.

3.) Ganz anders verhält es sich bei der Einräumung einer freiwilligen Garantie durch den Verkäufer oder Hersteller. 
Da es sich hierbei um eine freiwillige Leistung des Verkäufers oder Herstellers handelt, kann dieser die „Spielregeln“ auch weitestgehend selbst bestimmen. Zwingende gesetzliche Anforderungen bestehen primär in formaler Hinsicht (z.B. dahingehend, was eine Garantieerklärung enthalten muss).

Garantiegeber sind grundsätzlich frei darin, wie sie Inhalt und Reichweite der Garantie ausgestalten. Inhaltlich kann der Garantiegeber das Bestehen von Rechten aus der Garantieerklärung also durchaus davon abhängig machen, wie der Käufer mit dem Gerät umgeht.

Eine entsprechende Regelung, die den Wegfall von Ansprüchen aus der Garantie vorsieht, wenn der fest verbaute und laut Bedienungsanleitung nicht zum Tausch durch den Käufer vorgesehene Akku ausgetauscht wird, begegnet grundsätzlich keinen Bedenken.

Jedoch muss hier immer im Einzelfall geprüft werden, ob mit einer solchen Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Käufers einhergeht. An eine solche könnte dann zu denken sein, wenn dem Käufer dadurch jegliche Rechte aus dem Garantieversprechen genommen werden, also auch solche, die gar nicht im Zusammenhang mit dem Tausch des Akkus stehen können (z.B. die Garantie entfällt laut deren Bedingungen beim nicht vorgesehenen Akkutausch durch den Käufer auch für das im Zubehör befindliche und grundsätzlich von der Garantieerklärung erfasste Ladekabel). In einem solchen Fall der unangemessenen Benachteiligung ist an eine Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB zu denken.

Das ETM TESTMAGAZIN dankt für die Beantwortung durch Herrn Amereller von der it-recht-kanzlei.

Foto: BirgitH/pixelio.de